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Artikel im Industrie Magazin: Warum so viele KI Projekte scheitern

KI wird zu einem immer größeren Wettberwerbsfaktor. Vor allem KMUs stehen unter Zugzwang. Oft - aber nicht immer - scheitert es an der finanziellen Hürde.


© Adobe Stock

Künstliche Intelligenz ist mittlerweile auch in der Industrie der letzte Schrei. Neue Anwendungsmöglichkeiten versprechen Effizienzsteigerungen und Rendite. Doch laut einer Studie von Fraunhofer Austria kommt der Trend hierzulande nicht so richtig an. In den meisten Unternehmen spielt KI keine Rolle. Dabei kommt zum Vorschein, dass die Größe der Unternehmen ein entscheidender Faktor ist: Während sich große Industrieunternehmen das Investment in die Zukunftstechnologie leisten können, kann der Mittelstand die finanzielle Hürde in der Regel nicht nehmen, oder es scheitert am fehlenden Know-how. KI-Expertise ist Mangelware.


Auch wenn es die Studie vermuten lässt, Österreich ist keine KI-Wüste. Mehr als 150 Unternehmen sind im Bereich der KI tätig, die überwiegende Mehrheit davon ist in der Industrie angesiedelt. Auch in der Politik wird das Thema aufgegriffen – mit einer eigenen KI-Strategie verfolgt die Bundesregierung das Ziel, bis 2030 den KI-Standort Österreich mit Fokus auf Ethik und Innovation auszubauen, doch konkrete Zahlen für die Förderung werden bislang nicht genannt. Wir fragen bei führenden heimischen KI-Unternehmen nach, wie es um den KI-Standort Österreich bestellt ist.



„Unternehmen sollten sich zusammenschließen und gemeinsam eine Datenbasis aufbauen, um KI weitreichend einsetzen zu können.“

Benjamin Schwärzler, CEO WorkHeld



Mitarbeitermanagement mit KI


WorkHeld gehört zu den Paradeunternehmen in der KI-Branche. Mit einer KI-gestützten Softwareplattform wird die Effizienz und Übersichtlichkeit von industriellen Produktions-, Montage- und Serviceprozessen gesteigert. CEO Benjamin Schwärzler zufolge ist das Förderwesen in Österreich im Prinzip nicht schlecht, doch es fehlt der Fokus: „Die Frage ist, ob es richtig eingesetzt wird. Das glaube ich nicht. Denn genau die modernen Themen wie KI werden zu wenig gefördert.“ Das Unternehmen setzt KI bei Spracherkennung bei der Instandhaltung von Anlagen und Maschinen ein, aber auch im Mitarbeitermanagement. „Dabei geht es um Skill-Management und Qualifikations-Tracking. Wenn sich ein Mitarbeiter zum Beispiel neue Fähigkeiten aneignet, erkennt das System das und schlägt ihm bestimmte Aufträge vor. Dahinter steckt eine KI, die diese Fähigkeiten aus vergangenen Aufgaben erkennt und bewertet“, so Schwärzler.

Lesetipp: Enlite-Gründer Clemens Wasner im Interview über Defizite bei Österreichs KI-Strategie Zu den Kunden von WorkHeld gehören sowohl große Industrieunternehmen als auch KMUs. Schwärzler bestätigt, dass die Hürde für kleine Unternehmen derzeit noch zu hoch ist. „Ich sehe Limitationen: Einerseits die finanziellen und zeitlichen und andererseits die fehlenden Daten, die eine KI benötigt. Ich glaube, dass es daran meistens scheitert. Deswegen habe ich schon vorgeschlagen, dass sich Unternehmen zusammenschließen und gemeinsam eine Datenbasis aufbauen sollten, um KI weitreichend einsetzen zu können.“



„Unsere Erfahrung ist, dass man oft schon froh sein muss, wenn die großen Unternehmen auf den Zug aufspringen.“

Harald Piringer, CEO Visplore



Das Wiener Start-up Visplore ermöglicht die intuitive Analyse von Big Data für Industrie und Energiewirtschaft. Das Unternehmen wurde als Spin-off eines geförderten Kompetenzzentrums gegründet und ist auf die Auswertung von großen Datenmengen aus Maschinen, Sensoren und Simulationen spezialisiert. CEO Harald Piringer sieht insbesondere im Bereich der Industrie die Herausforderung der Datenqualität. „Sensordaten aus Maschinen sind oft sehr unsauber. Bevor man in Richtung KI auch nur ansatzweise denken kann, sollte man andere Fragen klären. Es fängt damit an, dass Maschinen überhaupt mit entsprechenden Sensoren bestückt sein müssen und erst dann kann man sich den weiteren Komplexitätsfaktoren widmen.“


Piringer bestätigt den erschwerten Einstieg für kleine Unternehmen in die KI. Er attestiert den österreichischen Unternehmen aber generell eine tendenzielle Abneigung gegenüber dem Thema: „Unsere Erfahrung ist, dass man oft schon froh sein muss, wenn die großen Unternehmen auf den Zug aufspringen und das Potenzial von Datenanalyse und KI erkennen, aber auch die technischen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Bei den KMUs sind wir wahrscheinlich noch nicht soweit, aber das Potenzial ist groß.“



„Ich sehe keine Notwendigkeit, dass ein Staat eine KI-Strategie verfolgt, das muss aus der Privatwirtschaft kommen.“

Markus Loinig, CEO Senzoro



Einen wesentlich positiveren Eindruck von der heimischen KI-Landschaft hat Markus Loinig, CEO von Senzoro. Das Unternehmen kombiniert Ultraschallmessungen und KI, um Instandhaltungskosten zu reduzieren. Die Lösung ist industrieübergreifend im Einsatz und zu den Kunden zählen Unternehmen aus der Automotive-, Papier-, Holz- und Energieversorgungsindustrie. Die von vielen Stellen geäußerte Kritik am heimischen Förderwesen für den Bereich der KI sieht Loinig mit unternehmerischem Pragmatismus: „Ich lese immer mit Bewunderung, was alles kritisiert wird. Ich sehe es als Aufgabe des Staates, Rahmenbedingungen zu schaffen und mit denen versuche ich als Unternehmer bestmöglich umzugehen. Ich sehe keine Notwendigkeit, dass ein Staat eine KI-Strategie verfolgt, das muss aus der Privatwirtschaft kommen.“


Entscheidend für den Nachholbedarf bei den KMUs sei laut Loinig die Finanzierung: KMUs können es sich gar nicht leisten, herumzuexperimentieren. In diesem Segment werden eher schnelle Lösungen gesucht, langwierige Datascience-Projekte gehen sich wirtschaftlich einfach nicht aus.“



„Derzeit beschäftigen sich alle damit, wie man wieder Schwung aufnimmt, es wird jedoch kaum über neue Lösungsansätze nachgedacht.“

Maximilian Mrstik, CEO D-Aria



D-Aria wurde aus der Notwendigkeit heraus, die Lagerinventur zu revolutionieren, gegründet. Das Wiener Unternehmen vertreibt Drohnen, die autonom fliegen und mittels einer Bilderkennungssoftware Etiketten von Paletten auslesen. CEO Maximilian Mrstik ist vom KI-Standort Österreich überzeugt, es mangle nur an der Vermarktung: „Wir sind besser aufgestellt als es dargestellt wird.“ Ein großer Unterschied zu den KI-Vorreiternationen sei die Investitionskultur. „Wenn wir am globalen Markt wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir mehr investieren. Insbesondere weil bei uns Venture-Capital-Investitionen nicht so stark ausgeprägt sind wie in anderen Ländern“, so Mrstik.


Eine besondere Herausforderung sieht Mrstik in den Auswirkungen der Pandemie auf die Unternehmensstrategien. „Derzeit beschäftigen sich alle damit, wie man wieder Schwung aufnimmt, es wird jedoch kaum über neue Lösungsansätze nachgedacht. Für Innovation bleibt derzeit einfach keine Zeit.“



Erstveröffentlichung 03.03.2022


Autor: Peter Oslak, WEKA INDUSTRIE MEDIEN


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